Das Hämmern in
Noahs Kopf wurde immer lauter. Kopfschmerzen waren nichts dagegen.
Das Gemurmel, dass sich dazu mischte fing ganz langsam an konkreter
zu werden. Ein einzelner Name tauchte immer wieder auf - Giodina.
Sein Nachname.
„Agent Giodina,
machen Sie die Tür auf!“, schrie ein Mann außerhalb seiner
Wohnung.
Bekleidet nur mit
einer Unterhose öffnete Noah die Tür. Vor ihm standen zwei
vollständig in schlecht sitzende schwarze Anzüge gepresste Schränke
mit Miniheadsets im Ohr, welches der griesgrämmigere von beiden nun
berührte.
„Basis, hier Team
2. Wir haben ihn. Brechen in 10 Minuten auf.“, sprach er in sein
Handgelenk und wendete sich dann Noah zu.
„Agent Giodina.
Sie haben fünf Minuten um sich anzuziehen. Kein Duschen, kein
Zähneputzen. Nichts mit Wasser!“
„Ich glaube nicht,
dass ich mit meinem Kater irgendwohin sollte. Sie wollen doch nicht
ihr schönes Auto putzen.“ Er sah an den beiden vorbei zu dem
schwarzen Geländewagen, hinter dessen Steuer ein weiterer Schrank
saß.
„Machen Sie sich
keine Sorgen. Sie haben zwei Stunden Fahrzeit um sich auf das Treffen
mit dem Verteidigungsminister vorzubereiten.“ Erst jetzt dämmerte
es Noah, dass er vielleicht besser einlenken sollte.
„Gebt mir 15
Minuten.“ Er drehte sich um und verschwand im Arbeitszimmer. Der
Agent rief ihm hinterher. „Sie haben 5! KEIN WASSER.“ Dann betrat
auch er die Wohnung und ging sicher, dass Noah sich daran hielt.
Als sie nach 20
Minuten aufbrachen, hatte Noah zumindest seinen Anzug angezogen und
das nötigste an Ausweisen, Laptop und seine Dienstwaffe mitgenommen.
Im Auto übergab ihm
einer der Männer ein Dossier mit Unterlagen auf die er sich
vorbereiten sollte. Er hatte solche Aufgaben schon oft erhalten. NSA.
CIA. FBI. In den 15 Jahren Dienstzeit hatte er schon für alle
wichtigen gearbeitet. Diesmal war es dann wohl der Heimatschutz, wie
er an dem großen Logo auf der Vorderseite erkannte. Er brach das
hintere Siegel auf und breitete alles wichtige auf seinem Schoß aus.
Hätte er in diesem
Moment nach draußen geschaut, wäre ihm vielleicht schon
aufgefallen, dass etwas nicht stimmte. Kaum Autos auf der Straße und
in den Gassen patrouillierte das Militär. Kurz darauf riskierte er
einen Blick raus, da hatten sie aber schon die Stadtgrenze hinter
sich gelassen und fuhren über Land, wo es nichts auffälliges mehr
zu sehen gab.
Seinen
neuen Ausweis heftete sich Noah an die Brust und fing dann an zu
lesen. Nach dem ersten Mal durcharbeiten konnte er sich nicht
zwischen Erstaunen und Skepsis entscheiden. Auch ein zweites, drittes
und viertes Mal konnte ihm das vorgelegte Rätsel nicht entwirren.
Nach genau zwei Stunden kamen sie in Denver an und hielten vor einem
Gebäude des Heimatschutzes. Noah hatte sich alle Details gemerkt.
Von den Versuchen mit dem Virus bis zu dem unerklärlichen
Massensterben im Camp Rigor vor 16 Stunden. Er wusste nicht ob er
bereit war, aber der Verteidigungsminister würde es von ihm
verlangen.
Noah ließ die
Eingangshalle hinter sich und folgte den Agenten in einen Fahrstuhl.
Sie fuhren diverse Stockwerke tiefer, welche nicht näher bezeichnet
waren und hielten dann in einem Laborkomplex im untersten Stock.
Nach ein paar mal
links und rechts abbiegen gelangten sie in einen Raum vor dem die
Agenten stehen blieben und nur Noah Einlass gewährt wurde. Der
Oberbefehlshaber aller Streitkräfte stand vor einem Lageplan. Um ihn
scharrten sich ein halbes Dutzend Wissenschaftler die etwas zu
erklären versuchten.
„Ah, endlich. Mein
bester Mann.“ Begrüßte ihn der Verteidigungsminister. Noah
wusste, dass dies nichts gutes zu bedeuten hatte. Er war ihm schon
oft begegnet, immer war er mies gelaunt und äußerst gereizt. Gute
Laune ließ ihn in seinen Augen bedrohlicher wirken als wenn er eine
Waffe in der Hand gehalten hätte.
„Sir?“
„Dr. Krumble darf
ich Ihnen Agent Giodina vorstellen? Er wird das Paket X übergeben.“
Noah wusste nicht
war er meinte, denn davon stand nichts in seinen Unterlagen. „Ok,
dann erkläre ich ihnen kurz den Sachverhalt, Agent.“, sagte der
Doktor und trat vorne an den bereitgestellten Laptop. Nach einer
halben Stunde war er von allem im Bilde. Auch davon, dass ein
Großteil der Bevölkerung bereits in den Morgenstunden 'geimpft'
worden war. Er kam mit allem zurecht, bis sie ihm Patient X zeigten.
„Agent Giodina,
darf ich sie Noah nennen?“
„Natürlich,
Doktor.“
„Fein. Also Noah,
dass hier ist Corporal Stevensson. Er war einer der Freiwilligen die
sich den Impfstoff haben spritzen lassen.“, erklärte Dr. Krumble.
Der Untote wandelte in dem kleinen beleuchteten Raum von links nach
rechts. Haut hing in Fetzen von ihm herab und er hatte einen halben
Arm verloren.
„Bis vor 16
Stunden war alles genauso, wie ich es mit meinem Team voraus
berechnet habe. Dann jedoch passierte ein furchtbares Missgeschick,
welches Corporal Stevensson zu diesem...'Vieh' werden ließ.“
Noah schaute durch
das Plexiglas auf den Soldaten. „Habe ich das vorhin richtig
verstanden, Doktor? Er hat sich beim Rasieren geschnitten und durch
das Wasser ist der Virus mutiert? Und der gesamte Stützpunkt ist
ausgelöscht?“
„Ja, so leid es
uns tut.“
Der
Verteidigungsminister trat an Noah heran. „Agent Giodina. Sie sind
der beste Mann für den Job. Sie haben schon einige schlimme Dinge
mitgemacht.“
„Ja, Sir. Bisher
gab es auch immer noch Hoffnung.“
„Agent, die gibt
es auch jetzt.“ Er wandte sich von Noah ab und richtete sein Wort
an Dr. Krumble. „Doktor, zeigen Sie ihm die Mission.“
Eine Karte wurde
eingeblendet, welche die östliche Hälfte der USA zeigte.
„Hier sehen Sie
Denver. Sie bringen Patient X auf dem schnellsten Weg nach Seattle.“
Eine andere Karte wurde eingeblendet und der
Doktor tippte mit seinem Zeigestock auf verschiedene Punkte.
„Wir haben, nachdem wir feststellen mussten, dass das Virus bei
Blutkontakt reaktiviert wird, alle möglichen Wassersysteme außer
Kraft gesetzt, aber für die meisten kam es zu spät. Die einzigen
bisher nicht bedrohten Städte sind Boston, Denver, Seattle und
Miami. Jedenfalls von den Größeren.“ Die Karte sprang wieder um.
„Wir haben wegen
der strategischen Lage daher Seattle ausgewählt.“ Ein
Schiffssymbol tauchte auf.
„Die 'Hope',
Flugzeugträger der vierten Kategorie wird in 44 Tagen in Seattle
eintreffen und eine Woche bleiben. Sie sollten bis dahin dort sein
und Patient X an Board bringen. Er muss unbedingt nach Japan
gelangen, näheres dazu finden Sie in den weiteren Unterlagen. Es
werden zwei Soldatenteams mit Ihnen reisen. Viel Glück, Agent.“
Noah konnte es nicht
fassen. Passierte das gerade wirklich?
Sirenengeheul
ertönte und rote Lampen blinkten auf. Ein Nachrichtenoffizier
betrat den Raum und sprach mit dem Verteidigungsminister, bevor
dieser das Wort an alle im Raum wandte.
„Soeben erhalte
ich die Mitteilung, dass es eines dieser Dinger..“, er zeigte auf
Patient X, „..an Board der
Präsidentenmaschine geschafft hat. Die Airforce One ist über
Utah abgestürzt. Die mitfliegenden F-16 melden keine Überlebenden.“
Langsam ließ der
Verteidigungsminister das Blatt sinken und wandte sich Noah zu.
„Ihr Job ist
wichtiger denn je!“
Die Sirene wurde
lauter und drang durch alle Ebenen und der Nachrichtenoffizier kam
erneut in den Raum gestürzt. „Sir, die Stadt wird überrannt.“
Alle sahen auf die Bildschirme, auf denen nach und nach Bilder von
den Überwachungskameras eingespielt wurden. Eine Horde von mehr als
1000 Untoter zog durch die Anlage rund um den Komplex. Die Soldaten
an der Pforte setzten sich zur Wehr, waren aber einer solchen Masse
nicht gewachsen.
Der
Verteidigungsminister lief mit ein paar Soldaten und Noah durch die
Gänge Richtung Parkdeck. Eine weitere Truppe hatte den Untoten in
ein Gitterkonstrukt gezwängt und schob ihn hinter ihnen her.
Auf dem Parkdeck
stand ein Ford SUV bereit und man verlud den Untoten gefesselt und
geknebelt in den Kofferraum.
„Hier sind ihre
Missionsunterlagen, Agent. Seien Sie vorsichtig.“ Der
Verteidigungsminister legte ihm eine Hand auf die Schulter. „Seien
Sie pünktlich dort. Das Schiff wartet nicht ewig.“
Nach etwas mehr als
90 Minuten Fahrzeit hatte er dann beide Begleitfahrzeuge verloren.
Sie hatten versucht eine Brücke einzunehmen um Zeit zu sparen, waren
aber in der einen Richtung von Zivilisten mit Waffen in Schacht
gehalten worden um dann von hinten von Untoten überrannt zu werden.
Nur Noah hatte es geschafft und sich dann allein nach ein paar Tagen
bis zur Tankstelle vorgekämpft, wo er auf Robert und die anderen
stieß. Er fragte sich, ob er sie nochmal wieder treffen würde.
Patient X war ihm inzwischen nicht mehr wichtig, seine
Mission hieß nun Überleben.
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